Ein schmales Buch über die Liebe, so dachte ich, als ich es in meiner Lieblingsbuchhandlung das erste Mal zur Hand nahm. Und wer liest nicht gern über die Liebe. Also nahm ich es mit. Und fand mich auf meiner Couch wenig später in der Geschichte einer ganz und gar nicht romantischen sondern vielmehr sehr zerstörerischen Liebe wieder.
„Das hier ist die Geschichte von Kristian Sandberg, er wird sie selbst erzählen. Aber – und dieses Aber teilt eine ganze Welt – es gibt zwei Wahrheiten. Es gibt Kristian Sandberg. Es gibt Kalina. Und es gibt ‚Die Gefährliche Geliebte‘ des japanischen Schriftstellers Haruki Murakami.“
Jan Drees „Sandbergs liebe“
Dabei fängt alles gut an. Kristian Sandberg, der namensgebende Held und Erzähler dieser Geschichte, Anfang 30, gutaussehend, erhält nach seinem Studium seinen Traumjob in einer Literaturagentur und zieht nach Hamburg. Und doch ist er einsam und sehnt sich nach der großen Liebe in seinem Leben. Da scheint das Glück auf seiner Seite, denn wenige Tage später lernt er über die Datingapp „Once“ Kalina kennen, die alle seine sehnlichsten Wünsche zu erfüllen scheint. Gut aussehend, erfolgreich als Zahnärztin und selbstbewusst, scheint sie Kristian als perfekte Traumfrau. Eine romantische und erotische Beziehung beginnt, die sich jedoch alsbald als manipulativer Alptraum entpuppt. Denn ganz unmerklich rutscht Kristian in die emotionale Abhängigkeit von Kalina, vernachlässigt Freunde, unterwirft sich ihren Launen und stellt seine eigenen Bedürfnisse zurück. Kristian macht sein komplettes Leben von ihr abhängig und gerät binnen kürzester Zeit völlig aus der Balance.
„Sandbergs Liebe“ spürt den perfiden Manipulationsstrategien nach, mit denen emotionale Gewalt ihre Wirkungskraft entfaltet. Der Roman, basierend von einer persönlichen Erfahrung, führt uns vor, wie Manipulation das Vertrauen in die eigene Wahrnehmung zerstören und infolgedessen die Psyche eines Menschen in ihren Grundfesten erschüttern kann.
Das Buch entwickelt einen Sog, dem man sich nur schwer entziehen kann. Getrieben von einem Wunsch nach Happy End und finaler Rettung für den Titelhelden Kristian. Doch dies lässt Jan Dress offen, den am Ende verschwindet Kristian. Und es bleibt unklar, wohin.
Die popliterarischen Anklänge des Buches verankern die Handlung zu großen Teilen in Hamburg und verschafften mir damit einige schöne Deja Vu Momente meiner Studienzeit in Hamburg. Sandbergs Liebe. Ein kurzes Buch mit lang anhaltender Wirkung.
Jan Drees: „Sandbergs Liebe“, Erschienen bei Secession, 190 Seiten, 20 Euro